Eine trinationale Begegnung: Frankfurt meets Tel Aviv and Eskişehir (2015)

Im Zeitraum von 2014 bis 2015 organisierte der Frankfurter Jugendring gemeinsam mit der Bildungsstätte Anne Frank und dem Referat für internationale Angelegenheiten des Oberbürger­meisters der Stadt Frankfurt einen trinationalen Austausch.

Junge Frankfurter*innen sind Gleichaltrigen aus den Partnerstädten Tel Aviv und Eskişehir begegnet und haben deren Kultur, Religion, Sprache und Lebensumfeld erlebt. Austauschpartner waren die Stadt Tel Aviv-Yafo und die Anadolu Universität Eskişehir, beides Institutionen aus den Partner­städten der Stadt Frankfurt am Main.

Der Austausch wurde zwischen April 2014 bis April 2015 durchgeführt. Jeweils zehn Teilnehmer*innen pro Stadt im Alter von 21 bis 26 Jahren konnten die Reise antreten, begleitet von einem zweiköpfigen Team. Das Austauschprogramm sah drei Treffen aller Teilnehmenden vor: Jede Parterstadt wurde von den Teilnehmenden mit sieben Übernachtungen besucht. Die Mitglieder des jeweiligen Gastlandes waren auch die Gastgeber*innen, sodass eine trinationale Begegnung auch in den Unterkünften stattfand. Die Verständigung untereinander erfolgte in Englisch, da diese Sprache von allen gesprochen wurde.

Während des gesamten Projektes waren die Teilnehmenden über soziale Netzwerke vernetzt, sodass der Austausch auch in den Zeiten zwischen den Besuchen stattfand. Für alle drei Städte wurde das Programm mit den Teilnehmenden vor- und nachbereitet und dabei wurden weitere Ideen für die nächsten Treffen gesammelt.

Bei allen Begegnungen widmete sich die Gruppe dem Thema »Partizipation und gesellschaftliches Engagement«: Wo und wie engagieren sich junge Menschen in ihrer jeweiligen Stadt? Was haben sie für Beteiligungsmöglichkeiten in ihrem Umfeld und bei gesellschaftlichen Entscheidungen? Hierbei sollten der interkulturelle Kontext und die Bedingungen in den drei Herkunftsstädten im Austausch untereinander Berücksichtigung finden.

Das Thema wurde im Laufe der Begegnungen mit sehr unterschiedlichen Methoden erarbeitet – durch Begegnungen mit sozialen Organisationen und politischen Aktivist*innen, die Besichtigung politisch relevanter Orte und die Durchführung von Workshops. In Frankfurt fanden Begegnungen mit Mitgliedsverbänden des Frankfurter Jugendrings statt und es wurden verschiedene soziale Einrichtungen besucht. Es gab zwei Workshop-Tage mit Angeboten in den Bereichen Grafitti, Fotoprojekt und Erstellung eines analogen Films unter Anleitung von Künstler*innen und Pädagog*innen. In Tel Aviv wurde die Stadt per Stadtralley erkundet und Treffen mit Personen, die sich kritisch mit Fragestellungen ihrer Stadt auseinandersetzen, organisiert. Das Zusammentreffen mit Daphni Leef in Tel Aviv war ein spannender Programmpunkt. Wir lernten die Frau kennen, die 2011 eine Protestwelle gegen hohe Mietpreise in der Stadt Tel Aviv initiierte.

In Eskişehir standen wir im Austausch mit dem dortigen Jugendring, der jungen Menschen die Möglichkeit zur Partizipation bietet. Auch das Kennenlernen der drei Städte kam nicht zu kurz. Es wurden Stadtführungen, -rundfahrten, Besich­tigungen und Museumsbesuche durchgeführt. Offizielle Termine mit den (Ober-)Bürgermeistern der drei Städte gehörten ebenfalls zum Programm.

Zwischen den Programmpunkten fand ein reger Austausch zwischen den Teilnehmenden statt. Zukunftsfragen der jungen Generation waren ebenso Thema, wie Mietpreise, Frieden und Zusammenleben und die verschiedenen politi­schen Systeme. Während der drei Treffen erlebten die Teilnehmenden immer wieder irritierende oder bewegende Momente und intensive Gespräche, die eine kritische Reflexion eigener Klischees und Scheren im Kopf ermöglichten und Denkprozesse in Gang setzten.

Ein besonders bewegender Moment war die Feier des Holocaust-Gedenktages, während die Gruppen aus Israel und der Türkei in Frankfurt zu Gast waren. Dazu hatte die israelische Gruppe eine kleine Zeremonie vorbereitet. Die jüdische Gemeinde hatte ihre Räumlichkeiten in der Synagoge im Westend zur Verfügung gestellt. Mit Menschen aus drei Ländern, deren gemeinsame Geschichte von schwerwiegenden Konflikten geprägt ist, sodass ein Gedenken an die Vergangenheit Beklommenheit auslöst, wurde dem Holocaust gedacht und mit teilweise sehr persönlichen Texten die eigene Verbindung deutlich gemacht. Die Zeremonie in der Synagoge durchführen zu können, verlieh dem Ganzen einen besonders feierlichen Rahmen.

Durch den Austausch fanden bei allen Teilneh­menden zwei wichtige Prozesse statt: Zum einen wurden sie für die Lebensrealitäten in den anderen Ländern sensibilisiert – das Alltagsleben in Israel und der Türkei wurde kennengelernt und das Leben mit Krieg oder politischer Repression wurde erfahrbar gemacht. Zum anderen hat der Aus­tausch ermöglicht, die Vorstellung von Hürden zwischen Religionen und Lebenswelten zu überwinden und zu merken, dass Gefühle der Verbundenheit und Freundschaft nicht von diesen Faktoren abhängig sind.