Das Prinzip der Selbstorganisation

Selbstorganisation macht zum einen die Attraktivität der Jugendverbandsarbeit aus, sie ist ein wichtiger Aspekt warum Kinder und Jugendliche zu uns kommen. Zum anderen ist sie ein hervorragendes Lernfeld und ein wichtiger Baustein unserer Demokratie.

Selbstorganisation macht die Attraktivität von Jugendverbänden aus Selbstorganisation bedeutet: Selbst machen, selbst entscheiden. Jugendverbandsarbeit lebt davon, dass Jugendliche einen Entscheidungsspielraum oder eine Verantwortung übertragen bekommen, die ihnen aufgrund ihres Alters und ihrer Erfahrung normalerweise nicht zugestanden würde. 

Das heißt: Man erlebt sich als »schon groß« und wächst über sich hinaus. Man kann sich ausprobieren, und vielleicht auch manchmal Dinge machen, die von Erwachsenen nicht gut geheißen werden würden. Jugendverbandsarbeit hebt sich daher deutlich von Schule ab und funktioniert auch meist anders als in der Familie, wo bisweilen wenig Raum für Selbstentfaltung ist.

Jugendliche Selbstorganisation ist ein wichtiges Element der Demokratie Die Jugendzeit ist der Übergang von der Phase, in der Eltern für einen entschieden haben, was gut ist für mich als Kind bzw. Jugendliche*r und was nicht, hin zu dem Lebensabschnitt als Erwachsene*r, wo ich als eigenständige Person oft selbst entscheiden muss, was für mich das Richtige ist. Sich selbst eine Meinung zu bilden und allein zu entscheiden, muss ausprobiert werden. Ohne Einüben ist man später möglicherweise nicht dazu in der Lage und orientiert sich (zu sehr) an den Vorschlägen und Urteilen anderer. 

Eine eigene Urteilsfähigkeit ist von daher ein wichtiger Schutz für unsere Demokratie, da es zum einen das Risiko verringert, dass sich Personen menschenverachtenden Ideologien anschließen. Zum anderen sind Personen mit eigener Meinung und eigenen Werten oft wichtige Akteure, die unsere Gesellschaft gestalten. 

Was auch noch wichtig ist: Jugendliche sind die besten Expert*innen ihrer eigenen Belange. Sie wissen am besten, was für sie gut ist. Davon profitieren sie, wenn sie auch als Expert*innen wahrgenommen werden. Davon profitiert auch die gesamte Gesellschaft. 

Viele Menschen, die sich als erwachsene Menschen in der Politik, oder im Bereich der Ökologie, der Menschenrechte etc. engagieren, sind in Jugendverbänden groß geworden!

Wie Selbstorganisation in den Jugendverbänden läuft

Die Gewährleistung der Selbstorganisation ist in unseren Verbänden unterschiedlich organisiert:

  • Ein aktives Wahlrecht ab sechs Jahren. Kinder können schon früh die Geschicke des Verbandes mit gestalten.
  • Eine Altersquotierung der Vorstände vor, z. B. eine bestimmte Anzahl an Minderjährigen im Vorstand und ein maximaler Anteil von Personen, die älter sind als 26 Jahre
  • Eine Altersgrenze: ab einem bestimmten Alter (oft 27 Jahre, da laut Gesetz die Jugendphase bis 26 Jahre geht) darf man nicht mehr Mitglied sein.
  • Die Menschen ab 27 Jahren (oder auch schon vorher) sind gehalten, eher die Rolle des*der beratenden Mentor*in einzunehmen als selbst zu gestalten. Intervenieren dürfen sie nur dann, wenn eine Gefahr für die Unversehrtheit von jemandem besteht, oder wenn rechtswidriges oder diskriminierendes Verhalten zu befürchten ist.

Herausforderung für Pädagog*innen

Pädagog*innen und andere Erwachsene, die in Verbänden tätig sind, haben die Aufgabe, sich auf die oben beschriebene Rolle als beratende*r Mentor*in zurückzuziehen. Von ihnen ist immer die kritische Selbstreflexion und Sensibilität gefordert, nicht über diese Rolle hinaus zu gehen und den Machtvorsprung, den er*sie durch die Autorität und Erfahrung haben, nicht zu missbrauchen, sei es auf off ene oder subtile Weise.

Wir als FJR sehen es als unsere Aufgabe, Selbstorganisation von Kindern und Jugendlichen sowohl innerhalb der Jugendverbände als auch in der Gesellschaft immer wieder einzufordern.